Donnerstag, 28. Januar 2016

-Thema "Flüchtlinge", heute Teil 2


Teil 2:

Liebe Besucherinnen und Besucher,

wir hatten im ersten Teil unserer Reihe über das Thema „Flüchtlinge“ angekündigt, zu einigen unserer Aussagen noch nähere Erläuterungen und vor allem Begründungen liefern zu wollen. So können Sie nämlich erfahren, wie wir zu unseren Positionen gekommen sind, und können dann beurteilen, ob das so nachvollziehbar ist. Nur auf der Basis von Argumenten und der Orientierung an Fakten kann es zu vernünftigen Diskussionen kommen, ansonsten bleibt es bei einem Austausch von Vorurteilen auf der Basis von Halbwissen.

Wir können uns vorstellen, dass besonders ein Satz aus unserem ersten Teil Ihre Aufmerksamkeit erregt und möglicher Weise erste Widersprüche ausgelöst hat, nämlich der Satz:

Denn die Flüchtlinge werden kommen, in bestimmten Zeiträumen mal mehr, mal vielleicht etwas weniger, nicht nur für Jahre, sondern für Jahrzehnte, ganz unabhängig davon, ob wir die Asylverfahren verschärfen, Grenzzäune bauen, Obergrenzen festlegen oder was auch immer - sogar dann, wenn wir schießen.

Wie können wir zu einem solchen Satz kommen, wo der Öffentlichkeit doch im Moment fast durchgängig eine andere Situation suggeriert wird, nämlich, man müsse nur endlich die richtigen Maßnahmen ergreifen, dann könne man den sogenannten „Flüchtlingsstrom“ stoppen oder mindestens in den wesentlichsten Teilen beherrschbar machen?

Den Zugang der Flüchtlinge möglichst „beherrschbar zu machen“ ist natürlich in beiderseitigem Interesse und daher erstrebenswert. Das halten wir auch begrenzt für möglich – aber eben nur sehr begrenzt. Ein Stoppen dieses Zugangs halten wir für nicht möglich, und zwar für Jahrzehnte nicht. Wir müssen daher kreativ und produktiv damit umgehen, wie es bereits häufiger in der Geschichte erfolgreich gelungen ist.

Wir gehen mal davon aus, dass die Auffassung, man könne die aktuelle(n) Fluchtbewegung(en) stoppen, aus einer wirklichen Überzeugung heraus geäußert wird und nicht nur beispielsweise aus wahltaktischen Gründen o. ä. (auch wenn es das sicher häufiger gibt). Eine solche Überzeugung würde dann ungefähr auf folgendem Gedankengang über den gesamten „Charakter“ dieser Fluchtbewegung beruhen (etwas vereinfacht zusammengefasst):

Einmal gibt es natürlich die Flüchtlinge, die vor einem Krieg fliehen. Diesen Flüchtlingen muss man schon rechtlich zuerst einmal Aufenthalt (Asyl) gewähren. Nach dem Ende des Krieges kehren sie möglicherweise zurück. Die Kriegsflüchtlinge sind aber sowieso in der Minderheit.

Die anderen Flüchtlinge kommen in der Regel, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Häufig haben sie dort, wo sie leben, keine Arbeit, bekommen aber auch keine sonstige Unterstützung. Jetzt kommen sie zu uns, um, selbst wenn sie hier keine Arbeit finden, wenigstens etwas (materielle) Unterstützung zu bekommen. Vielleicht können sie davon sogar etwas nach Hause schicken.

Diese Menschen nehmen zwar einiges in Kauf, aber bevor sie vor geschlossenen Grenzen wiederholt wieder umkehren müssen oder von Behörden abgewiesen werden, bleiben sie vielleicht doch eher weg, vor allem wenn sich das herumspricht. Wenn dann also nirgendwo mehr Grenzen einfach offen sind, wird sich die Zahl der Flüchtlinge drastisch reduzieren. Wenn man dann noch in den Heimatländern materielle Unterstützung organisiert, hätte sich das Problem vielleicht in überschaubarer Zeit reduziert und dann gelöst.


So oder so ähnlich könnte (etwas pauschalisiert) ein Gedankengang aussehen, an dessen Ende man dann zu dem Ergebnis käme, die aktuelle Flüchtlingsbewegung sei, mindestens was Deutschland bzw. Europa anbetrifft, doch in absehbarer Zeit zu entschärfen und dann sogar zu stoppen (also zu lösen).

Dieses Verständnis aber beruht nach unserer Auffassung auf einer fundamentalen Fehleinschätzung des gesamten Charakters dieser Fluchtbewegung(en). Am Ende unserer Ausführungen wird man auch sehen, dass es rechtlich gesehen natürlich tatsächlich den Unterschied zwischen den Asylsuchenden und den sonstigen „Flüchtlingen“ gibt und dass es für die Einstufung die entsprechenden verschiedenen Kriterien gibt, dass es diesen Unterschied bei der Motivationslage und den realen Abläufen allerdings kaum gibt. De facto können beide Gruppen in einem Atemzuge behandelt werden, auch wenn das in der rechtlichen Betrachtung nicht der Fall ist.

Auch wenn man einbezieht, dass die eine Gruppe (die Asylsuchenden) relativ direkt von Krieg, Verfolgung und Tod bedroht ist und die andere Gruppe (die „Flüchtlinge“) auf den ersten Blick „nur“ von Elend, Hunger, Diktaturen, Armut etc. – bei beiden Gruppen geht es um die Suche nach Überleben, Freiheit und einer Lebensperspektive. Und das ist rein qualitativ eben viel mehr als „nur“ mal eben sein Land zu verlassen, keine Grenzen zu achten, um (wie man so sagt) „seine/ihre Lebensverhältnisse zu verbessern“. Aus diesen Elementen, zusammengefasst unter dem Motiv "Suche nach einer Lebensperspektive", bestanden alle Migrationsbewegungen der Menschheitsgeschichte. Und um eine dieser Migrationsbewegungen handelt es sich hier - und nicht einfach mal nur um ein regional begrenztes Flüchtlingsproblem. 

Keine dieser Migrationsbewegungen ist je durch Grenzschließungen, durch Waffengewalt oder durch andere Maßnahmen „gestoppt“ worden. Denn für die Suche nach einer Lebensperspektive nehmen Menschen im Falle eines Falles auch den Tod in Kauf. Ein Blick in die Geschichte würde da Aufklärung schaffen, aber offenbar ist das in der augenblicklichen Diskussionshitze schon zu viel verlangt. In der aktuellen Situation sieht man das aber auch schon an den wahnwitzig anmutenden Bootsüberfahrten über das Mittelmeer, die selbst Frauen mit ihren kleinen Kindern wagen - auch in dem Bewusstsein, dass niemand von ihnen überlebt. Wer so etwas tut, lässt sich nicht von Grenzanlagen, Passkontrolle oder Schüssen abhalten.

Jetzt wird vielleicht in einem ersten Ansatz klar, warum wir der Meinung sind, dass die aktuelle Flüchtlingsbewegung, die einzuordnen ist in eine weltweite Migrationsbewegung mit fast überall den gleichen Ursachen, nicht zu stoppen ist, sondern dass wir mit ihr leben müssen, und zwar wahrscheinlich mindestens für Jahrzehnte.

Wir werden diesen Ausführungen noch einige Gesichtspunkte hinzufügen, u.a. auch die Meinung von Wissenschaftlern und Fachleuten zu diesem Aspekt. Und auch sonst werden noch einige Teile folgen. Um die einzelnen Teile aber nicht zu lang werden zu lassen, lassen wir es für heute bei diesen Anmerkungen bewenden. Weiteres folgt in einem dritten Teil.

Ihre

BBL

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